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Kampfesbrüder? Wie man die Verhandlungen von Offizieren deuten und nutzen kann
2.5 Deutsche und Russen: Augenblicke der Gemeinsamkeit
In der Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen verdichten sich manchmal die Anknüpfungspunkte in bestimmten Ereignissen oder Personen. Diese Momente und Figuren liefern Stoffe für Erzählungen über das Verhältnis beider Völker. Wie immer bei historischen Erzählungen, lassen sich dabei aber aus ein und demselben Ereignis durchaus unterschiedliche Erzählungen konstruieren. In diesem Kapitel will ich daher den Blick auf drei Beispiele solcher besonderen Momente und Menschen werfen und mich dabei fragen, für welche Erzählungen über die Deutschen und Russen sie taugen.
1. Der Tag von Tauroggen
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Galerie: Tauroggen
Hier siehst du die Unterschriften des preußischen Generals Yorck und des russischen Generalmajors Diebitsch unter der Konvention von Tauroggen.
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Galerie: Tauroggen
Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg (1759-1830), nach einem Portrait von Ernst Gebauer von 1835.
Bemerkenswert an der Unterzeichnung der Konvention von Tauroggen durch Graf Yorck war, dass er sich damit über den Willen seines Königs hinwegsetzte. Der preußische König hielt Ende 1812 nämlich noch am Bündnis mit Frankreich fest und ging erst 1813 unter Druck seiner Berater und Teilen der preußischen Bevölkerung ein Bündnis mit Russland ein. Hätten sich die Dinge anders entwickelt, dann wäre Yorck vielleicht für seine Entscheidung, sich ohne Einverständnis des Königs mit den Russen zu verbünden, später als Hochverräter hingerichtet worden.
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Galerie: Tauroggen
Dies ist ein Porträt von Hans Karl von Diebitsch (1785-1831), gemalt von George Dawe.
Diebitsch stammte ursprünglich aus Schlesien (damals Preußen, heute Polen) und war in Berlin militärisch ausgebildet worden. Sein Vater war allerdings schon 1789 von preußischen in russische Dienste übergetreten und so machte auch sein Sohn Karriere in der russischen Armee.
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Galerie: Tauroggen
Das Bild zeigt einen Gedenkstein, der in Tauroggen nahe der Stelle, an der die Konvention unterzeichnet wurde, an das Ereignis erinnert.
Am 30. Dezember 1812 trafen sich bei einer Mühle nahe dem Ort Tauroggen (heute Tauragė in Litauen) der preußische General Johann David Yorck mit dem russischen Generalmajor Hans Karl von Diebitsch. Hier an der damaligen russisch-preußischen Grenze unterzeichneten sie eine Vereinbarung, die Konvention von Taurogggen. Diese sollte für die Zukunft Europas von großer Bedeutung sein.
Ende 1812 war Preußen ein Verbündeter des von Kaiser Napoleon Bonaparte regierten Frankreichs. Preußen war dieses Bündnis nicht freiwillig eingegangen, sondern von Napoleon dazu gezwungen worden, nachdem Frankreich Preußen 1806 militärisch besiegt hatte. In der Zwischenzeit war aber Napoleon bei dem Versuch, Russland zu erobern, grandios gescheitert und befand sich mit seinen verbliebenen Truppen auf dem Rückzug nach Frankreich.
Diesen Zeitpunkt wählte der preußische General Yorck, um das Bündnis mit Frankreich zu brechen und stattdessen ein Bündnis mit Russland einzugehen. In der Konvention von Tauroggen vereinbarten beide Mächte, dass die preußischen Truppen die Russen nicht bekämpfen würden (was ja ihre Pflicht als Verbündete Frankreichs gewesen wäre). Die Russen sicherten zu, den Preußen dabei zu helfen, Gebiete zurückzuerobern, die Preußen an Frankreich hatte abgeben müssen. Diesem russisch-preußischen Bündnis schlossen sich bald noch andere europäische Mächte an (Österreich, Großbritannien und Schweden). Sie schlugen Napoleon in mehreren Schlachten und beendeten die Vorherrschaft Frankreichs über Europa.
2. Zwei Erzählungen des Tages von Tauroggen
Es ist immer wieder spannend, wie unterschiedlich sich Ereignisse deuten lassen, obwohl sie ja auf denselben historischen Fakten beruhen. Die Ereignisse von Tauroggen sind ein klassisches Beispiel dafür. Wir haben sie im Folgenden in zwei unterschiedliche Erzählungen verpackt, die jeweils zu einem etwas anderen Ergebnis kommen.
Videoquellen einfügen
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Darstellung 1
Tauroggen als Symbol für die deutsch-russische Freundschaft?
Darstellung 1
Tauroggen als Symbol für die deutsch-russische Freundschaft?
Der Tag von Tauroggen gilt vielen heute noch als ein Symbol deutsch-russischer Freundschaft. Immerhin habe der dort geschlossene Vertrag einen erfolgreichen Feldzug gegen Frankreich möglich gemacht und Napoleons Herrschaft über Europa gebrochen. Und es folgten über hundert Jahre friedlicher russisch-preußischer (bzw. russisch-deutscher) Beziehungen, die erst durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 beendet wurden. Aber ging es in Tauroggen wirklich um deutsch-russische Freundschaft?
Deutsch?
In Tauroggen verhandelten preußische mit russischen Generälen. Deutschland gab es 1812 als eigenständigen Staat gar nicht. Es gab mehrere deutsche Fürstentümer, von denen Preußen eines war. Andere Fürstentümer (wie Bayern, Württemberg oder Sachsen) blieben zunächst noch Verbündete Napoleons, so dass in mehreren Schlachten des Jahres 1813 durchaus noch Deutsche auf Deutsche (z.B. Preußen auf Sachsen), oder Russen auf Deutsche schossen.
Russisch?
Auch die russische Seite scheint nicht ganz so russisch gewesen zu sein, die Namen verraten es: Die wichtigsten Teilnehmer der russischen Delegation in Tauroggen hießen Diebitsch, Clausewitz und Dohna. Der Erste war ein in Schlesien geborener und in Berlin ausgebildeter russischer Generalmajor, die letzten Beiden waren preußische Militärs, die nach der Niederlage gegen Napoleon nach Russland geflohen waren.
Freundschaft?
Sind die Ereignisse von Tauroggen wirklich ein Beweis für die Freundschaft beider Nationen? Russland wollte Napoleon eine Verbündeten abspenstig machen und Preußen wollte seine an Frankreich verlorenen Gebiete zurück. Lief Preußen letztlich vielleicht nur zu Russland über, weil es ein gutes Angebot erhalten hatte und weil der preußische General Yorck die militärische Lage richtig einschätzte (Napoleon sollte sich von dem desaströsen Russlandfeldzug militärisch nicht mehr erholen)?
Hörgeschichte 1: 'Die Konvention von Tauroggen' einfügen
Aufgabe 1
- Arbeite die unterschiedlichen Interpretationen der Ereignisse von Tauroggen anhand der beiden Kasperltheater heraus.
- Bewerte die Überzeugungskraft der beiden Erzählungen.
3. Maria Pawlowna: eine russische Prinzessin in der deutschen Provinz
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Von St. Petersburg nach Weimar
Die 19-jährige Maria Pawlowna: So portraitierte sie der deutsche Maler Johann F. A. Tischbein ca. ein Jahr nach ihrer Ankunft in Weimar.
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Von St. Petersburg nach Weimar
Ihr Ehemann Carl Friedrich von Sachsen-Weimar: Was Entschlusskraft und Engagement anging, stand er im Schatten seiner Frau und seines Vaters Karl August.
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Von St. Petersburg nach Weimar
Eine Stadtansicht von St. Petersburg aus dem Jahr 1753: Schon damals war die erst fünfzig Jahre früher gegründete Stadt eine Metropole. In der Mitte fließt die Newa, links davon ist der Winterpalast, der Sitz des Zaren zu sehen, rechts die Akademie der Wissenschaften.
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Von St. Petersburg nach Weimar
Weimar im Jahr 1850: Idyllisch, lieblich, ruhig – das sind sie Attribute, die einem zu diesem Fürstensitz einfallen.
Am 3. August 1804 heiratete die russische Prinzessin und Großherzogin Anna Pawlowna Romanowa den deutschen Prinzen Carl-Friedrich von Sachsen-Weimar in Sankt Petersburg. Anna Pawlowna war die Schwester des russischen Zaren Alexander I., zu diesem Zeitpunkt einem der mächtigsten und reichsten Männer Europas. Carl-Friedrich war Sohn des Herzogs von Sachsen-Weimar, einem eher kleinen und unbedeutendem deutschen Fürstentum. Aus russischer Sicht war die Heirat Teil der Bündnispolitik, Annas Schwestern wurden später an den König der Niederlande und den König von Württemberg verheiratet. Für Sachsen-Weimar war die Heirat eine Sensation.
Bei ihrer Ankunft in Weimar brachte die russische Prinzessin nicht nur eine erhebliche Mitgift mit, sondern auch den besonderen Schutz des Zaren für das kleine Fürstentum. Das sollte sich noch auszahlen: Als nach der Niederlage Napoleons Europa auf dem Wiener Kongress 1815 neu geordnet wurde, hatte Sachsen-Weimar im russischen Zaren einen wichtigen Fürsprecher. Das Territorium des Fürstentums wurde vergrößert und Carl-Friedrich wird zum Großherzog ernannt.
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Galerie: Maria Pawlowna in Weimar
Im Bild ist die russisch-orthodoxe Kirche auf dem Weimarer Friedhof zu sehen: Sie ist durch einen unterirdischen Gang mit der Weimarer Fürstengruft verbunden. In diesem Gang liegen die Särge von Maria Pawlowna und Carl-Friedrich. Bis heute wird die Kirche von der russisch-orthodoxen Gemeinde für Gottesdienste genutzt.
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Galerie: Maria Pawlowna in Weimar
Dies ist ein Abbild der Büste des Komponisten Johann Nepomuk Hummel hinter dem Weimarer Nationaltheater. Hummel war Maria Pawlownas erster großer Coup bei der Besetzung des Postens des Hofkapellmeisters.
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Galerie: Maria Pawlowna in Weimar
Sein Nachfolger war aber noch sensationeller. Franz Liszt (1811-1886) war ein Superstar, der auf seinen Europatourneen das Publikum begeisterte. Das dieses Klaviergenie sich im beschaulichen Weimar niederließ war sicher eine Sensation. Einer der Gründe mag gewesen sein, dass Liszt damals in einer 'skandalösen' Beziehung mit der polnischen Adeligen Carolyne zu Sayn-Wittgenstein lebte. Diese lebte getrennt von ihrem eigentlichen Mann (einem deutschen Adeligen) mit Liszt zusammen. Maria Pawlowna tolerierte die Beziehung und ließ die beiden Unverheirateten zusammen in Liszts Weimarer Haus wohnen.
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Galerie: Maria Pawlowna in Weimar
An diese beiden denkt man vor allem, wenn man den Begriff 'Weimarer Klassik' hört: Goethe und Schiller als Denkmal vor dem Weimarer Nationaltheater. Die beiden Dichter wurden schon vor Maria Pawlownas Ankunft nach Weimar geholt. Es bestand aber ein reger Kontakt und wohl auch gegenseitige Anerkennung zwischen ihr und den Dichtern.
Aber nicht nur politisch war Anna Pawlowna ein Segen für Sachsen-Weimar. Die russische Prinzessin war das Leben in der russischen Metropole Sankt Petersburg gewohnt und landete in der deutschen Provinz. Anstatt sich zu langweilen, entfaltete sie aber eine große Betriebsamkeit im sozialen und kulturellen Leben Weimars.
Sie holte namhafte Künstler wie die Komponisten Johann Nepomuk Hummel und Franz Liszt an den Weimarer Hof und engagierte sich für die Armen im Fürstentum. Und sie brachte ein Stück Russland nach Weimar. Auf ihr Betreiben hin wurden mehrere Werke des heute weltbekannten russischen Dichters Puschkin erstmals ins Deutsche übersetzt. Heute noch steht auf dem historischen Friedhof in Weimar die für sie errichtete russisch-orthodoxe Kapelle.
Hörgeschichte 2: Maria Pawlowna in Weimar
Diese Geschichte ist keine Quelle aus der oder für die Vergangenheit. Die Einzelheiten dieser Geschichte sind frei nacherzählt oder fiktiv. Das behandelte Thema und die vorgestellten Personen sind historisch nachweisbar. Ziel der Geschichte ist es, die Bedeutung einer Entscheidung oder eines Geschehens hervorzuheben.
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Quelle 1
Quelle 1
[...]
Mutter: Unsrer Königin zu Ehren,
Der erhabnen, gütigen,
Die in unser stilles Thal
Niederstieg, uns zu beglücken,
Aus dem hohen Kaisersaal.
Jüngling: Sie, die alle Reize schmücken,
Gütig, wie der Sonne Strahl. [...]
Mutter: Ach, sie tritt aus Marmorhallen,
Aus dem goldnen Saal der Pracht.
Wir die Hohe sich gefallen
Hier, wo über freien Auen
Nur die goldne Sonne lacht?
Genius: Hirten, euch ist nicht gegeben,
In ein schönes Herz zu schauen!
Wissen ein erhabner Sinn
Legt das Große in das Leben,
Und er sucht es nicht darin.
Jüngling: O schöne Fremdlinge! lehrt uns sie binden,
O lehrt uns, ihr wohlgefällig sein!
Gern wollten wir ihr duft'ge Kränze winden
Und führten sie in unsre Hütten ein!
Genius: Ein schönes Herz hat bald sich heim gefunden,
Es schafft sich selbst, still wirkend, seine Welt.
Und wie der Baum sich in die Erde schlingt
Mit seiner Wurzeln Kraft und fest sich kettet,
So rankt das Edle sich, das Treffliche,
Mit seinen Thaten an das Leben an.
Schnell knüpfen sich der Liebe zarte Bande,
Wo man beglückt, ist man im Vaterlande. [...]
Aufgabe 2
1. Schiller hat das Gedicht in Quelle 1 zum Anlass der Ankunft Maria Pawlownas in Weimar geschrieben. Übertrage die Rollenverteilung im Gedicht auf dieses Ereignis. Für wen stehen die Mutter, der Jüngling, die Königin, der Genius?
2. Beschreibe in eigenen Worten die Sorgen von Mutter und Jüngling, die im Gedicht ausgedrückt werden.
3. Waren diese Sorgen berechtigt? Nutze zur Beantwortung der Frage alle Informationen des Unterkapitel '3. Maria Pawlowna: eine russische Prinzessin in der deutschen Provinz'.
Quelle 2
Der Komponist Franz Liszt verwendet ein von Maria Pawlowna komponiertes Lied für seine Klaviersonate.
Quelle 2
Der Komponist Franz Liszt verwendet ein von Maria Pawlowna komponiertes Lied für seine Klaviersonate.
Franz Liszt (1811-1886) galt schon Zeit seines Lebens als genialer Komponist und Klaviervirtuose. Deshalb konnte es Maria Pawlowna als persönlichen Erfolg ansehen, dass es ihr gelang, diesen europaweit gefeierten Star 1843 als Weimarer Hofkapellmeister zu verpflichten. In seiner Zeit in Weimar komponierte Liszt unter anderem eines seiner berühmtesten Werke, die Klaviersonate in h-moll.
Maria Pawlowna, die in Russland eine exzellente musikalische Ausbildung genossen hatte, komponierte nun ebenfalls Musikstücke. Und so kam es, dass sich in jener berühmten Klaviersonate von Franz Liszt ein Teil wiederfindet, zu dem ihn ein von Maria Pawlowna komponiertes Lied inspiriert hat. Über diesen Link findest du diesen Teil der Sonate.
4. Ein russischer Volkskommissar und Berliner Bürgermeister: Ernst Reuter
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Galerie: Ernst Reuter und Berlinblockade
Für seine Verdienste um Westberlin wurde Ernst Reuter nach seinem Tod 1953 diese Büste errichtet errichtet.
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Galerie: Ernst Reuter und Berlinblockade
Ernst Reuter (rechts) auf einem Foto von 1953 im Gespräch mit dem Berliner Polizeichef Erich Duensing
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Galerie: Ernst Reuter und Berlinblockade
Zur Berlinblockade: Nach dem Zweiten Weltkrieg teilten die Siegermächte Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Zusätzlich dazu erhielt aber jede Siegermacht eine Anteil von Berlin. Berlin selbst war aber vollständig umgeben von der sowjetischen Besatzungszone. Als die Differenzen zwischen der Sowjetunion und den westlichen Mächten in der Nachkriegszeit immer stärker wurden, machte sich die Sowjetunion diesen Umstand zunutze und schnitt die westlichen Teile Berlins am 24. Juni 1948 komplett von der Außenwelt ab. Auf dem Landweg kam niemand mehr herein und heraus und der Gütertransport kam völlig zum erliegen.
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Galerie: Ernst Reuter und Berlinblockade
Die Westmächte reagierten auf diese Blockade mit einer Luftbrücke. Alle Güter, die Westberlin dringend benötigte (vor allem Nahrungsmittel), wurden mit Flugzeugen aus den westdeutschen Besatzungszonen eingeflogen. Die Berliner nannten diese Flugzeuge 'Rosinenbomber'. Hier siehst du ein amerikanisches Transportflugzeug im Anflug auf den Flughafen Tempelhof. Das Foto stammt von 1948.
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Galerie: Ernst Reuter und Berlinblockade
Die Luftbrücke verhinderte den wirtschaftlichen Zusammenbruch Westberlins. Als die Sowjets das erkannten, hatten sie nur zwei Möglichkeiten: militärisch einzugreifen (die Flugzeuge abzuschießen und die Stadt zu besetzen), was einen Krieg ausgelöst hätte oder die Blockade zu beenden. Sie entschieden sich für letzteres und gaben am 12. Mai 1949 die Verkehrswege nach Westberlin wieder frei. Am Tempelhofer Flughafen wurde 1951 dieses Denkmal zur Erinnerung an die Luftbrücke errichtet.
Im Frühjahr 1918 bekommen die an der Wolga siedelnden Russlanddeutschen Besuch aus der Hauptstadt. Der junge Deutsche Ernst Reuter wurde von Moskau geschickt, um im deutschen Siedlungsgebiet eine kommunistische Verwaltung aufzubauen und die Siedler für das neue, kommunistische Russland zu begeistern. Vor wenigen Monaten hat sich in Russland alles geändert. Das alte Zarenreich wurde durch eine Revolution gestürzt, die neuen Machthaber sind Kommunisten. Sie wollen das ganze Land umgestalten und dabei soll ihnen Reuter an der Wolga helfen (mehr über diese Zeit erfährst du im Kapitel 6.2). Seine Arbeit dort dauert nicht lange, ist aber ziemlich erfolgreich. Ende 1918 schickt ihn die Moskauer Regierung zurück nach Deutschland, mit den besten Empfehlungen an die deutschen Kommunisten. Reuter soll ihnen bei ihrer Revolution in Deutschland helfen.
30 Jahre später steht Ernst Reuter vor dem Reichstag in Berlin, vor sich eine riesige Menschenmenge. Reuter ist mittlerweile Bürgermeister von Westberlin. Mit den Kommunisten hat er sich zerstritten, er ist schon seit über 20 Jahren Sozialdemokrat. Doch nun haben seine früheren Freunde, die russischen Kommunisten, Westberlin abgeriegelt. Alle Straßen und Schienen sind blockiert, niemand kommt heraus oder herein, der Strom fällt aus und die Nahrungsmittel werden knapp. Das einzige, was die Bürger Westberlins retten kann, ist Hilfe von außen, aber nicht aus Russland, sondern aus dem Westen. Und so ruft Reuter an diesem 9. September 1948 seine berühmten Worte: „Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt!“
Darstellung 2
Ein Film über Ernst Reuter
Darstellung 2
Ein Film über Ernst Reuter
Unter diesem Link findest du einen Film über das Leben von Ernst Reuter.
Hörgeschichte 3: Ernst Reuters Rede (1948)
Diese Geschichte ist keine Quelle aus der oder für die Vergangenheit. Die Einzelheiten dieser Geschichte sind frei nacherzählt oder fiktiv. Das behandelte Thema und die vorgestellten Personen sind historisch nachweisbar. Ziel der Geschichte ist es, die Bedeutung einer Entscheidung oder eines Geschehens hervorzuheben.
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Aufgabe 3
1. Stelle im Internet Recherchen zur 'Berlinblockade' an.
2. Versetze dich in die Lage eines Reporters zur Zeit der Berlinblockade und schreibe einen biografischen Artikel über Ernst Reuters Leben. Wähle vorher aus, ob du für eine kommunistische Zeitung oder eine sozialdemokratische Zeitung schreibst.